Waldschlößchenbrücke.Die SZ fragt Herbert Feßenmayr (CDU), den Bürgermeister für Stadtentwicklung, zum Konflikt ums Welterbe.
Die Diskussion um das Weltkulturerbe und den Bau der Waldschlößchenbrücke schlägt bundesweit Wellen. Welche Veränderungen hat Dresden in den Plänen unterschlagen?
Zunächst kann ich den Brief der Unesco verstehen. Wenn sich jemand an sie wendet, und sagt, die Brücke ist seit der Anmeldung zum Weltkulturerbe verändert worden, dann ist es doch legitim, nachzufragen. Aber es handelt sich um ein Missverständnis, denn es gibt keine Veränderungen bezüglich des Erscheinungsbildes der Brücke. Es wurden auch keine Höhen verändert. Lediglich im Tunnelbereich unter der Erde ist nach der Flut die Gradiente angehoben worden. Zudem wurden wegen eines möglichen Eisgangs die Füße der Brückenpfeiler um etwa 50 Zentimeter vom Boden aus verstärkt.
Der Brief ist von der Unesco schon im September geschrieben worden. Warum hat die Stadt nicht gleich geantwortet?
Ich habe von dem Vorgang erst aus der Presse erfahren und am 8. November durch meinen Bürgermeisterkollegen Lutz Vogel Kenntnis erhalten. Zudem ist der Brief nicht an uns, sondern an das Auswärtige Amt gegangen und uns nur zur Kenntnis gegeben worden. Der Botschafter wird über den Dienstweg an die Stadt herantreten. Die Antwort muss über den Bund und die Landesministerien erfolgen.
Es gäbe längst nicht solche Reaktionen, wenn die Stadt sofort reagiert hätte. Ist das nicht ein heftiger Imageverlust?
Was soll ich jetzt sagen? Die Dinge haben sich aufgeschaukelt, weil sie von uns nicht ordentlich erläutert wurden. Es ist bedauerlich, dass es soweit gekommen ist, dass sich die Kulturstaatsministerin äußert. Wer Dresden im gleichen Atemzug mit den Problemen in Köln und der Wartburg nennt, der kennt die Dresdner Situation nicht.
Es wird der Stadt auch vorgeworfen, die eingereichten Unterlagen enthielten falsche Entfernungsangaben.
In den Unterlagen der städtischen Ämter – Stadtplanungsamt, Hauptabteilung Mobilität, Tiefbauamt und Denkmalschutzamt – sind alle Untersuchungen und Lagepläne enthalten. Zusammengestellt und weggeschickt wurden sie vom Kulturministerium. Dazu kommen mehrfache Ortsbegehungen mit Vertretern der Unesco, nicht nur mit dem Schiff, sondern auch mit dem Auto und zu Fuß. Es ist allerdings ein Problem, wenn der von der Unesco beauftragte Gutachter in seinem Bericht fünf Kilometer schreibt, statt drei, wie es in unseren Unterlagen steht.
Das ist aber nicht der einzige Vorwurf?
Es scheint zudem ein Übersetzungsproblem zu geben: An einer Stelle heißt es „down the river“ – flussabwärts, aber in Wirklichkeit ist es drei Kilometer flussaufwärts. Aber das ist eine Sache der Gutachterfirma Icomos. Ein sprachlicher Fehler, obwohl die Unterlagen richtig waren. Welches Interesse hätten wir denn haben sollen, weniger Unterlagen einzureichen? Diejenigen, die gegen die Bewerbung waren, haben immer darauf gedrängt, dass alles ordnungsgemäß einschließlich Brücke angegeben wurde.
Was hat das jetzt zur Folge?
Wir weisen jetzt nach, dass sich erstens nichts verändert hat. Zweitens reichen wir eine weitere Visualisierung ein, wenn das gewünscht wird. Ich bin überzeugt, dass dann auch das Problem, wie so viele in der Planungsgeschichte, erledigt ist. Meine Mitarbeiter haben in all den Jahren ordentlich und sachlich alle Probleme und Zweifel ausgeräumt. Ich bin sehr dankbar dafür.
Auch wenn das Verwaltungsgericht alle Klagen abgewiesen hat, ist der Rechtsstreit noch nicht ausgestanden. Wann hat die Stadt wirklich Sicherheit?
Die zweite Instanz, das Oberverwaltungsgericht Bautzen, hat uns mitgeteilt, dass dies Ende November erledigt sein soll.
Kann das Gericht den Bau noch verhindern?
Wenn es, was ich nicht glaube, die aufschiebende Wirkung wieder herstellen sollte, muss man den Ausgang des Verfahrens abwarten. Ich bin heilfroh, dass wir einen so deutlichen Bürgerentscheid für die Brücke haben.
Es wird wieder eine Tunnelvariante diskutiert. Hat die Stadt diese ernsthaft geprüft?
Neben einer Vielzahl von Varianten, die geprüft wurden, das gipfelte in einem Workshop in den 90er Jahren, gab es auch ausreichend Untersuchungen zu einem Tunnel – und zwar 1992 bis 1994, 2002 und mehrfach 2003. Sie wurden letztlich alle verworfen, weil die Emissionsbelastungen, die Bau- und auch die Betriebskosten deutlich höher waren. Eine Tunnellösung ist an dieser Stelle kaum praktikabel: Der Tunnel müsste aus Sicherheitsgründen unterm Flussbett verlaufen, dann wäre aber ein erheblicher Höhenunterschied bis zur Bautzner Seite zu überwinden. Das sind fürchterliche Verkehrslösungen. Außerdem ist ein Tunnel für Fußgänger und Radfahrer ungeeignet.
Warum hat die Stadt für die Brückenplanung so unendlich viel Geld ausgegeben?
Der Stadtrat hat es sich nicht leicht gemacht und sich mit dem Thema intensiv befasst. Wenn er vor der Entscheidung viele Aufträge an die Verwaltung, an Planer und Gutachter erteilt, ist das sein demokratisches Recht, auch wenn es letztlich sehr teuer wird.
Die Ausschreibungsfrist endete am Donnerstag. Kann die Stadt jetzt die Aufträge für den Brückenbau vergeben?
Jetzt müssen die Angebote erst einmal überprüft werden. Die Vergabe wird wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres sein. Damit liegt dann sicher auch das Ergebnis des Oberverwaltungsgerichts in Bautzen vor.
Wann soll Baubeginn sein und wann die mögliche Eröffnung?
Ich gehe von März 2006 aus, im Sommer 2008 soll die Brücke fertig werden.
Gespräch: Bettina Klemm