Ein SZ-Gespräch mit der Unesco-Tagungspräsidentin Christina Cameron. Sie will die Hoffnung nicht aufgeben, dass das Dresdner Elbtal Weltkulturerbe bleibt.
Das Dresdner Elbtal bleibt laut Beschluss des Unesco-Welterbekomitees ein weiteres Jahr auf der roten Liste der bedrohten Welterbestätten. Rückt die Stadt vom Bau der umstrittenen Waldschlößchenbrücke nicht ab, geht der Welterbetitel allerdings in einem Jahr definitiv verloren. Über die Lage des Weltkulturerbes Dresdner Elbtal nach der Entscheidung in Quebec sprach die SZ mit der Kanadierin Christina Cameron. Sie leitet die 32.Sitzung des Unesco-Welterbekomitees.
Frau Cameron, man bekommt in Quebec den Eindruck, dass die Unesco Dresden wirklich auf der Liste behalten möchte. Hat die Stadt so etwas wie eine symbolische Bedeutung?
Das Dresdner Elbtal ist Weltkulturerbe. Und deshalb ist laut Unesco-Konvention das internationale Unesco-Welterbekomitee verantwortlich dafür. Und wir wollen einfach nicht aufgeben, wir wollen, dass Dresden Welterbe bleibt. Nur das steckt dahinter.
Spielt es eine Rolle, dass Sie um eine deutsche Stätte mehr kämpfen, weil Deutschland nicht nur finanziell einer der stärksten Unterstützer der Unesco ist?
Alle Länder werden gleich behandelt. Das hat nichts mit den einzelnen Ländern zu tun, das hängt nur von den Welterbestätten ab.
Was gibt Ihnen die Hoffnung, es könnte noch einen Weg geben, dass die Waldschlößchenbrücke nicht gebaut wird?
Im Konferenzraum herrschte eindeutig die Stimmung vor, dass die Situation noch nicht unumkehrbar ist. Solange es Hoffnung gibt, ist es die Pflicht des Komitees, die Verantwortlichen zu überzeugen, ihre Sicht auf die Dinge zu ändern, um diese Welterbestätte zu bewahren. Das Dresdner Elbtal gehört als Weltkulturerbe nicht mehr nur Dresden, sondern der ganzen Welt - das ist die Grundlage der Unesco-Welterbekonvention. Wenn ein Land eine Stätte vor dem Komitee präsentiert, um es als Welterbe einschreiben zu lassen, wird es zum Erbe der gesamten Menschheit. Die internationale Gemeinschaft, vertreten durch das Welterbekomitee, verpflichtet sich damit, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Welterbe zu retten. Das ist die Grundlage der Konvention.
Wussten Sie, dass bei der Bürgermeisterwahl am 22. Juni mit 64 Prozent der Stimmen die CDU-Kandidatin Helma Orosz gewählt wurde, die ganz deutlich gesagt hat, dass sie die Brücke bauen will?
Nein, das wusste ich nicht.
Es gibt mittlerweile eine deutliche Mehrheit in Dresden für den Bau der Waldschlößchenbrücke.
Aber aus Sicht des Welterbekomitees passiert noch einiges - zum Beispiel die juristischen Prozesse -, das uns sagen lässt: Es ist noch nicht verloren. Es ist zwar knapp davor, aber noch nicht vorbei. Und daher ist es einfach die Pflicht des Welterbekomitees, noch alles zu versuchen. Das war gestern eindeutig die Meinung des Komitees.
Es gibt sogar Brückengegner in Dresden, die der Unesco jetzt vorwerfen, sie sei feige. Sie würde sich schlicht nicht trauen, Dresden von der Liste zu werfen. Was sagen Sie dazu?
Die Entscheidung ist sehr klar: Wenn die Brücke gebaut wird, wird Dresden nächstes Jahr von der Welterbeliste gestrichen. Aber das Komitee wollte Dresden nicht frühzeitig streichen für den Fall, dass die Situation noch einmal gedreht werden und stattdessen ein Tunnel gebaut werden könnte, der das Elbtal weniger zerstören würde. Außerdem wäre es viel leichter gewesen, Dresden von der Liste zu streichen. Die Komitee-Mitglieder haben auch deutlich gesagt: Wenn wir Dresden streichen, haben wir keine Einflussmöglichkeiten mehr.
Sie wollten also auf diese Art auch noch eine Art Fuß in der Tür behalten?
Ja, das Komitee will weiter mitsprechen können und die Stätte retten. Das alles basiert natürlich vor allem auf Hoffnung.
In Dresden sprechen manche schon davon, den Titel freiwillig zurückgeben zu wollen. Ist das überhaupt möglich?
Weder die Stadt noch die verantwortliche deutsche Seite kann eine Stätte von der Liste streichen lassen. Das ist gegen die Konvention. Das Welterbekomitee vergibt den Titel, und das Welterbekomitee entzieht ihn auch wieder.
Was ist Ihre persönliche Meinung, wird Dresden seinen Titel behalten?
Als Tagungspräsidentin darf ich Ihnen meine persönliche Meinung nicht sagen.
Gespräch: Valeria Heintges, zzt. Quebec