Paukenschlag zum Elbhangfest - Montagsinterview

Sächsische Zeitung vom 6. Juni 2005

Warum zögert die Verwaltung der Stadt, mit der Unesco-Ehrung offensiv zu werben?

Während der Titel für Bad Muskau existenzsichernd ist, hat Dresden viele Stärken. Gegenwärtig bereiten wir aber den Paukenschlag vor: die offizielle Übergabe der Urkunde durch die Unesco am 24. Juni.

Warum warten Sie so lange?

Wir haben bereits vor Touristikern und einigen Vereinen zum Welterbe informiert. Der Reigen von Veranstaltungen wurde ja gestern mit dem ersten Welterbetag eröffnet.

Die Urkunde wird auf Schloss Albrechtsberg übergeben. Warum können daran Dresdner nicht teilnehmen?

Das wird ein Festakt für fast 200 geladene Gäste einschließlich der Unesco-Delegation. Allerdings erfolgt dies als Auftakt zum Elbhangfest, in das eine Podiumsdiskussion zum Thema „Welterbe - Präsentkorb oder Präsentierteller“ bereits am 21. Juni im Lingnerschloss einstimmt. Am Vormittag des 25. wird dann der Festumzug zum Elbhangfest vor der Loschwitzer Kirche starten. Dort wird eine Schrifttafel enthüllt, die das Elbtal als Erbe der Menschheit kennzeichnet. All dies ist natürlich öffentlich.

Das Elbhangfest soll also diesmal das Weltkulturerbe feiern?

So ist es. Im Schillerjahr haben die Organisatoren ein Zitat gewählt, das den globalen Gedanken beinhaltet und somit dem Anlass gerecht wird: „Nehmt hin die Welt! rief Zeus von seinen Höhen“. Die Festmeile kennzeichnet ja teilweise das Gebiet des Welterbes.

Können Sie noch einmal die genauen Grenzen der Fläche benennen?

Kern ist das historische Stadtzentrum mit Schloss und Japanischem Palais. Elbabwärts reicht das Welterbegebiet bis zum Schloss Übigau, geografisch begrenzt durch die Flügelwegbrücke. Elbaufwärts verläuft seine Fläche bis Schloss und Parklandschaft Pillnitz, begrenzt von der Stadtgrenze bei Söbrigen. In der Breite umfasst es jenes Gebiet, das vom Fluss aus sichtbar ist. Dazu gehören flussabwärts das Ostragehege und die ufernahen Teile der Leipziger Vorstadt, elbaufwärts außer den Elbauen, Teile der Stadtgebiete von Blasewitz bis Klein-zschachwitz, das Villenufer mit dem Preußischen Viertel, die Elbschlösser, Teile des Weißen Hirsches und der gesamte Elbhang von Loschwitz bis Pillnitz.

Folgen daraus Einschränkungen für diese Stadtteile?

Nein. Die Unesco respektiert nationales Recht. Es bedeutet aber, dass sich dieses Gebiet fortan einer größeren Aufmerksamkeit erfreuen wird. Zudem hat der Immobilienbesitz an Wert gewonnen, nicht zuletzt deshalb, weil das Gebiet exklusiven Charakter trägt und seine bauliche Entwicklung gewiss so sorgsam wie bisher begleitet wird.

Gibt es zusätzliche Einschränkungen der Denkmalpflege?

Alle Satzungen zum Denkmal-, Natur- und Landschaftsschutz haben bisher zur Unversehrtheit beigetragen und gelten fort. Was wir neu schaffen werden, ist ein Entwicklungskonzept, das Perspektiven der baulichen Entwicklung des Welterbes aufzeigen wird.

Bedeutet das zum Beispiel den Abriss weiterer Gebäude?

Gegenwärtig läuft der Abriss des ersten Hochhauses am Terrassenufer, das zweite soll folgen. Überlegt wird zudem, ob die Hochhäuser an der Sarrasanistraße noch Bestand haben können, und was aus dem Hochhaus der ehemaligen Pädagogischen Hochschule wird. Zurzeit ist es jedoch viel wichtiger, dass die historischen Baudenkmale erhalten bleiben. Da haben wir auch im Welterbegebiet erhebliche Sorgen. Hier suchen wir das Gespräch mit den Eigentümern, um Hilfe vermitteln zu können.

Bedenken gab und gibt es zum Bau der Waldschlößchenbrücke. Was ist Ihre Meinung dazu?

Die Unesco erkennt im Evaluationsbericht eine Beeinträchtigung der Landschaft. Das hat sie aber nicht von der Vergabe des Adelstitels abgehalten. Wie der Entscheid erst vor kurzem verdeutlichte, geht die Haltung unserer Bürger zum Verkehrszug an der breitesten Stelle der Elbaue noch immer weit auseinander.

Wie wird die Auszeichnung vermarktet?

Global über den Welterbestättenverein, dem Dresden beigetreten ist. Die Dresden-Werbung und Tourismus GmbH sorgt bei ihren Partnern für Aufmerksamkeit gegenüber dem neuen Titel.

Die Stadt will ein Kuratorium gründen. Was soll das leisten?

Es soll das Welterbe nach außen vertreten. Bei Richtungsentscheidungen zur Schadensabwehr oder Weiterentwicklung soll es zusammenkommen und entscheiden.

Wer sind die Mitglieder?

Das steht noch nicht fest. Der Stadtrat entscheidet darüber am 9. Juni. Es soll aus 20 Mitgliedern bestehen. Dazu gehören sechs Stadträtinnen und Stadträte sowie Vertreter aus Wirtschaft, Tourismus, der Bürgerschaft, Denkmalpflege, Kultur, Kirchen und Religionsgemeinschaften. Vorsitzender ist der Oberbürgermeister.

Wie kann der Dresdner Bürger die Auszeichnung mit Leben erfüllen?

Wir sind da von vornherein sehr weit, weil die Dresdner schon immer sehr gastfreundlich sind. Es werden künftig deutlich mehr Touristen vor allem aus Übersee hier sein. Sie spontan zu begleiten, wenn sie den Weg an der Elbe suchen, die Landschaft und die Sehenswürdigkeiten erklären und natürlich selbst zu deren Schönheit beitragen, das wäre ein Umgang, der Besucher gern wiederkommen lässt. Mehr Englisch wäre auch gut.

Das klingt sehr selbstverständlich. Warum gibt es kein Büro, wo der Dresdner sich informieren kann? Was wird aus der Idee, eine Stiftung zu gründen?

Die Idee gibt es nach wie vor. Zu Besuchsangeboten kann man sich an die Tourist-Informationen wenden, oder, wenn es um Fachfragen zur Erhaltung und Entwicklung des Welterbes geht, natürlich wie bisher auch an mich.

Wäre eine zentrale Anlaufstelle, wie sie im Lingnerschloss etabliert werden sollte, nicht viel praktischer?

Sicher. Bisher hat der Stadtrat die Mittel dafür nicht freigegeben, aber vielleicht kann mit Hilfe von Bürgerschaft und Kuratorium ein solches Besucherzentrum doch noch auf den Weg gebracht werden.

Danke für das Gespräch.

Interview: Peter Ufer

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