Man kann sich darüber erbosen, dass sich einzelne, nicht einmal in Sachsen lebende Menschen in die Belange Dresdens einmischen. Aber hätte nicht Nobelpreisträger Blobel die Unesco auf den Bau der Waldschlößchenbrücke hingewiesen, wäre die Kommission spätestens im Lauf der Bauarbeiten auf die Brücke aufmerksam geworden – und Dresden hätte ein noch größeres Problem bekommen als jetzt.
Denn Dresden hat ein Problem: Am 22. März soll Brückenbaubeginn sein. Aber erst im Juli will die Unesco in Vilnius entscheiden, ob das Bauwerk mit dem Weltkulturerbe-Titel vereinbar ist. Und wenn sich die Stadt weiter so stur stellt, wie das Oberbürgermeister Ingolf Roßberg derzeit tut, wird sie mit Sicherheit auf der Roten Liste der bedrohten Welterbestätten landen.
Laut haben sich alle gefreut, als das Dresdner Elbtal zum Weltkulturerbe gekürt wurde. Matthias Rößler, damals amtierender Kunstminister, erhob Dresden höchstselbst in die „Champions League“. Aber den immer wieder zitierten Satz – der Titel ist nicht nur Ehre, sondern auch Verpflichtung – hat trotzdem keiner ernst genommen. Getreu dem Motto „Einmal Titel, immer Titel“ glaubte man, in der Provinzsuppe weiter köcheln zu können. Aber das „Welterbe“ hat nur einen so guten Ruf, weil auf seinen Standard so streng geachtet wird. Solange Dresden das nicht kapiert, wird es immer wieder Krach mit der Unesco bekommen.
Valeria Heintges