Dresden will trotz der ultimativen Unesco-Drohung mit dem Verlust des Titels Welterbe den Bau einer Brücke in der einzigartigen Elblandschaft fortsetzen.
Die neu gewählte Oberbürgermeisterin Helma Orosz sagte am Freitag, das Unesco-Komitee verlange, eine halbfertige Brücke zu beseitigen und auf eine Elbquerung zu verzichten. Das wäre gegen den Bürgerwillen, rechtlich höchst fragwürdig und unendlich teuer für die Stadt. Hingegen forderte die Bundesregierung, in den kommenden zwölf Monaten sollte eine Lösung des Brückenstreits gefunden werden. Die Regierung stehe zur Vermittlung bereit, wenn dies gewünscht werde, sagte ihr Sprecher Thomas Steg. Das Bundesverkehrsministerium erneuerte sein Angebot höherer Bundeshilfen, falls Dresden sich zum Bau eines Elbtunnels statt der Brücke entscheiden sollte.Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen (UN) hatte zuvor gedroht, der Dresdner Flussaue werde der begehrte Titel als Welterbe definitiv im kommenden Jahr aberkannt, sollte die Brücke weitergebaut werden. Bis dahin bleibe die Kulturlandschaft auf der Roten Liste der gefährdeten Stätten. An Stelle der Brücke empfahl das Unesco-Welterbekomitee im kanadischen Quebec den Bau eines Tunnels.
Orosz, die im August ihr neues Amt antritt, nannte den Beschluss der Unesco "falsch, unverständlich und ungerecht". Die Brücke beeinträchtige die Landschaft nicht, Dresden bleibe auch ohne Titel Welterbe. Der Streit um die Brücke spiegelte sich auch in Stellungnahmen der Landesregierung. "Der Brückenbau ist der erklärte, demokratische Bürgerwille der Dresdner", sagte Regierungssprecher Peter Zimmermann. "Erst wenn die Brücke fertig ist, wird für jedermann sichtbar sein, dass sie eine Bereicherung für Dresden ist." Dagegen forderte die Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva-Maria Stange, den Brückenbau zu stoppen und den Bau eines Tunnels zu prüfen. Der Deutsche Kulturrat wertete die Unesco-Entscheidung als große Chance für Dresden, eine schwer hinnehmbare Blamage noch abzuwenden.
Die Unesco begründete den neuerlichen Aufschub damit, dass Dresden angesichts anhängiger Gerichtsverfahren mehr Zeit gewährt werden müsse. Am Verwaltungsgericht Dresden werden gegenwärtig mehrere Klagen von Naturschutzverbänden gegen die Brücke verhandelt.
Das 2004 vergebene Gütesiegel des Unesco-Welterbes umfasst rund 18 Flusskilometer. Durch breite Wiesen schlängelt sich die Elbe quer durch Dresden. Zu sehen sind vom Fluss aus unter anderem die Semper-Oper, die wieder aufgebaute Frauenkirche und der Zwinger. Auf diese und andere Gebäude, auf Kunstsammlungen, Gärten- und Landschaftsgestaltungen, die meist ihre Wurzeln im 18. und 19. Jahrhundert haben, beruht der Titel Weltkulturerbe.
Mit dem Bau der Waldschlösschenbrücke wurde Ende 2007 begonnen. 2010 soll die Brücke fertig gestellt sein. Dresden wäre nach dem Oman die zweite Welterbestätte weltweit, der der Titel wieder aberkannt würde.