Glaser und Feßenmayr erfuhren von Unesco-Brief aus der Zeitung

Dresdner Neueste Nachrichten vom 12. November 2005

"Ich habe von dem Brief aus Paris erst durch den DNN-Artikel am 4. November erfahren", sagt Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU). Und der Projektleiter der Dresdner Welterbe-Bewerbung Gerhard Glaser pflichtet ihm bei: "Mir ging es genauso." Gemeint ist der Brief aus der Unesco-Zentrale Paris, der seit dem 27. September bei Oberbürgermeister Ingolf Roßberg lag und den er gestern auch den Stadträten zukommen ließ. In dem Brief heißt es unter anderem: "Nach den vorliegenden Informationen stellt das Brückenprojekt eine massive Veränderung des Wertes und der Beschaffenheit des Welterbegebietes dar... Das Ausmaß und die Lage des Projekts scheint von den Projektvorlagen beträchtlich abzuweichen, die zum Zeitpunkt der Bewertung durch Icomos vorlag, so dass es notwendig erscheint, das derzeitige Projekt neu zu überdenken. Darf ich deshalb vorschlagen, dass die zuständigen Stellen überlegen, eine unabhängige Prüfung der visuellen Auswirkungen des Brückenprojekts und seiner Konsequenzen für die Bewahrung der aufgenommenen Flusslandschaft durchzuführen. Die Studie zur Sichtbeeinträchtigung des Welterbegebiets ,Kölner Dom' kann dazu als Beispiel empfohlen werden."

Der Brief-Inhalt dürfte brisant genug sein, um hellhörig zu machen. Trotzdem lag das Schreiben sechs Wochen im Rathaus, ohne dass zumindest die für die Sache wichtigen Leute wie Feßenmayr und Glaser informiert wurden. "Mit einer offensiven Öffentlichkeitspolitik hätte viel Schaden abgewendet werden können", sagt Feßenmayr.

Mit einem Brief an Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ging gestern Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) in die verspätete Offensive. "In dieser Situation ist mein Standpunkt nach wie vor unverändert der, dass Unterlagen zur Waldschlößchenbrücke als Teil der Bewerbung um den Welterbestatus für das Dresdner Elbtal eingereicht und umfassend erörtert worden sind", schreibt er. Er könne die Äußerung in Medien, der Welterbestatus sei durch das Brückenbauvorhaben gefährdet, nicht nachvollziehen. "Wir haben eine reine Weste", sagt Feßenmayr, was so viel heißt wie, nichts wurde verschwiegen. Gerhard Glaser schlägt vor, so schnell wie möglich eine Sitzung des Welterbe-Kuratoriums einzuberufen. Maximilian Krah vom CDU-Kreisverband sagt: "Die Stadt muss jetzt mit der Unesco verhandeln, dass wir beides behalten, das Weltkulturerbe und die Brücke."

Heidrun Hannusch

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