Auf Litauisch heißt Vilnius soviel wie "Kleine Welle". Wie groß die Wellen sein werden, die hier das Votum der Welterbekommission über den Fall Dresdner Elbtal auslösen werden, weiß noch niemand. Und wann sie ausgelöst werden, auch nicht. Ein wahrscheinlicher Termin ist derDienstag.
Zuvor wird über Erbestätten befunden, die sich bereits auf der Roten Liste befinden, unter ihnen Köln. Danach geht es um 88 Welterbestätten, bei denen die Sorge besteht, das Erbe werde nicht sorgsam genug verwaltet.
Insgesamt etwa 600 Delegierte treffen sich derzeit auf der Sitzung des Unesco-Welterbekomitees in Vilnius. Darunter sind viele Beobachter und Vertreter der Unesco-Mitgliedsstaaten. Ankommen jedoch wird es vor allem auf 21 von den 600. Nämlich auf die Mitglieder des Komitees.
Diese 21 Delegierten werden nach dem Rotationsprinzip unter den 181 Mitgliedsstaaten der Unesco-Welterbe-Konvention gewählt. In diesem Jahr kommen sie aus Benin, Kanada, Chile, Kuba, Indien, Israel, Japan, Kenia, Kuwait, Litauen, Madagaskar, Mauritius, Marokko, den Niederlanden, Neuseeland, Norwegen, Peru, Republik Korea, Spanien, Tunesien und den USA. Sie entscheiden, wer den Status Weltkulturerbe zuerkannt bekommt(Aus Deutschland bewirbt sich in diesem Jahr die Stadt Regensburg), und sie befinden auch darüber, welche Erbestätten als gefährdet eingestuft werden.
Im Vorfeld der Entscheidung gilt es mittlerweile als höchstwahrscheinlich, dass Dresden kein Okay für die Brücke erhält. Schließlich hat sich Deutschland durch die Unterzeichnung der Welterbekonvention im Jahr 1976 gegenüber der Weltgemeinschaft zum Erhalt "einmaliger universeller Werte" verpflichtet.
Wirklich beeinflussen können Stadtentwicklungsbürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) und Europa-Beauftragter Jörn Timm, die bei der Sitzung in Vilnius anwesend sind, das Ergebnis wohl nicht mehr. Denn eigentlich ist alles gesagt. Nach Prüfung aller Unterlagen wurde ein Beschlussvorschlag formuliert, der nun zur Abstimung kommt. Ein Rederecht für Vertreter der betroffenen Welterbestätten sieht die Sitzungsordnung nicht vor. Es könnte jedoch sein, dass die Dresdner Stadtvertreter während einer Diskussion noch einmal konkret befragt werden.
Wichtiger allerdings ist, wie die Stadt in den vergangenen acht Diskussions-Monaten agiert hat. Ob die rege Reisetätigkeit von Vertretern der Dresdner Stadtverwaltung zur Unesco nach Paris und zu Icomos in München sowie der Versuch der Einflussnahme auf Mitglieder des Welterbekomitees wirklich klug waren, das wird mittlerweile bezweifelt. In Anspielung auf die Dresdner Aktionen fiel auf der jüngsten Sitzung der Deutschen Unesco-Kommission dieser Satz: "Manche Leute meinen, man könnte denen (gemeint sind die Mitglieder des Erbekomitees) sagen, wo es lang geht. Ich kann Ihnen aus der Erfahrung hier sagen: Dem ist nicht so!"
Übrigens hatte sich solch eine Vorgehensweise schon im Kölner Fall als fatal erwiesen. Auch dieser Satz wurde dort gesagt: "Mit Bürgerentscheiden kann man Probleme des Welterbes nicht klären." Zudem wurde auf der Kommission-Sitzung erwähnt, dass Dresden zögerlich gewesen sei bei der Bezahlung des Aachener Gutachtens, wohl, weil es nicht zu Gunsten der Stadt ausgegangen sei. "Das ist schlechter Stil", wurde moniert.
Heidrun Hannusch, zur Zeit in Vilnius